Ich bin begeistert.
Der Professor ist ja wirklich in einer Zwickmühle, da drei seiner Schüler Informationen über ihn haben, die sie nicht haben sollten. Sie, und die ganze Schülerschaft, tanzen ihm nun auf der Nase herum. Und nichts hilft mehr, auch nicht seine Zauberwaffe, das „Kabuff“:
Ließ Unrat sich einmal von der Panik des bedrohten Tyrannen hinreißen und steckte die Aufrührer ins Kabuff, dann ergab sich noch Schlimmeres. Die Klasse vernahm dann das Knallen und Glucksen geöffneter Flaschen, lautes Prostrufen, verdächtiges Kichern, den Schall von Küssen…“ (Seite 150)
Was für einen Spaß müssen die Gymnasiasten in dieser Zeit gehabt haben! Für den Lehrer ist dieser absolute Kontrollverlust eine Tragödie. Seine Position als Tyrann ist nun absolut verloren und seine Entlassung nur noch eine Frage der Zeit. Unrat will nun aber so viele wie möglich mit in den Abgrund reißen und verpfeift seine drei hauptsächlichen Widersacher wegen Zerstörung eines Hünengrabes. Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung, in der auch die Künstlerin Fröhlich als Zeugin geladen wird und allerlei „Nebendinge“ offenbart. Unrat wird lächerlich Gemacht. Ihm wird klar: „Die Künstlerin Fröhlich gehörte jedem. “ (Seite 164) Nichtsdestotrotz ist er der Fröhlich verfallen.
Als der Professor nun von vollends der Gesellschaft ausgestoßen ist, beginnt für das Paar eine wunderbare Zeit. Endlich können Sie sich zusammen in der Öffentlichkeit zeigen, ausgehen. Sie heiraten, amüsieren sich, leben über ihre Verhältnisse und verprassen all sein Geld. Nun beginnt das zweite Leben der Unrats. Ihr Haus wird zum Zentrum der illustren Gesellschaft. Die Stadt ist irritiert und angezogen zugleich:
In dieser altertümlichen Stadt, die einem aus der Langeweile der Familienehrbarkeit keinen Ausweg ließ als in ein rohes und langweiliges Laster, umkleidete sich die Villa vorm Tor, wo hoch gespielt, teuer getrunken wurde wo man mit weiblichen Wesen, die nicht ganz Dirnen und auch keine Damen waren; wo die Hausfrau, eine verheiratete Frau, die Frau des Professors Unrat, prickelnd sang, unpassend tanzte, und, wenn man es richtig anstellte, sogar für Dummheiten zu haben sein sollte – diese erstaunliche Villa vorm Tor umkleidete sich mit Fabelschimmer, mit der silberig zitternden Luft, die um Feenpaläste fließt.“
Hier wird nun Abend für Abend gesoffen und gespielt. Unrat genießt es, daran teilzuhaben wie nach und nach seine ehemals unbelehrbaren Schüler zahlungsunfähig werden und nimmt so Rache an allen, die ihn früher verspotteten. Nur einen erwischt er nicht: Lohmann, seinen Oberfeind. Am Ende wird Unrat verhaftet, weil er diesen dreist bestehlen versucht.
So endet die Karriere des Professors im Gefängnis. Spannend ist, wie viel freier er sich bewegt, nachdem er die Zwänge der Gesellschaft los ist. Er ist fast glücklich. Schade ist, dass sie ihn nicht wirklich liebt. Er bleibt ein armes Würstchen.
Gelesen habe ich in einer wunderbaren in Leinen gebundenen Ausgabe vom S. Fischer Verlag (2004), die das Deckblatt der Erstausgabe auf dem Buchdeckel trägt. Ein echtes Lesevergnügen!